Kärnten


Inhalt

KärntnerInnen im KZ Ravensbrück
Verfolgung der Kärntner SlowenInnen

KärntnerInnen im KZ Ravensbrück

Passierschein von Maria Adinger
(Quelle: Abteilung Opferfürsorge,
Land Kärnten)



Denkmal für die Kärntner Partisanen am Peršmanhof (Quelle: http://www.memorialmuseums.org,
Foto: Gudrun Blohberger, 2006)



Niederschrift aufgenommen mit Wilhelmine Woschank (geb. Šučenko) 1948 (Quelle: Abteilung Opferfürsorge, Land Kärnten)


Zeuginnenniederschrift Adinger, Jaritz und Pitschek, Seite 1 (Quelle: Abteilung Opferfürsorge, Land Kärnten)


Zeuginnenniederschrift Adinger, Jaritz und Pitschek, Seite 2 (Quelle: Abteilung Opferfürsorge, Land Kärnten)
Von 173 Frauen und Männern wissen wir, dass Kärnten ihr Geburtsbundesland war; der Großteil von ihnen lebte auch zum Zeitpunkt der Verhaftung noch in diesem Bundesland. [1]

Über 80% der KärntnerInnen wurden wegen „politischen Widerstands“ inhaftiert, wovon wiederum über 80% Angehörige der slowenischen Minderheit waren. Mehrheitlich waren also die Inhaftierten in Ravensbrück aus diesem Bundesland Kärntner SlowenInnen.

Verfolgung der Kärntner SlowenInnen [2]
Die nationalsozialistische Politik gegenüber den Kärntner SlowenInnen verfolgte das Ziel des Verschwindens der ethnischen Gruppe. Sie setzten damit das langjährige Bemühen der deutschnationalen KärntnerInnen fort. Ab dem Angriff auf Jugoslawien im April 1941 verboten die Nationalsozialisten sämtliche kulturellen Aktivitäten und slowenische Vereine, jedoch wurden schon bald nach dem “Anschluss” sämtliche kulturellen Aktivitäten massiv behindert. Die Zweisprachigkeit in Schulen und Kindergärten wurde bereits 1938/39 untersagt, in den Kirchen erfolgte dies 1941.
„Und da kam der 6. April, der Hitlerüberfall nach Jugoslawien war damals am 6. April, das war 1941. Begannen wir in herber Bitternis zu erahnen, was uns erwartete. Plötzlich durften wir in der Schule, im Dorf, auf der Straße nicht mehr slowenisch sprechen. In der Kirche war die Predigt, Gebet und Gesang nur mehr deutsch. Man nahm uns den Kultursaal weg, und vernichtete die Bibliothek. Was glaubst du wie viele Bücher da waren! Alles vernichteten sie, sie haben sie verbrannt. Verloren unsere wirtschaftliche Selbständigkeit und Spar- und Darlehenskasse. Weil der Nazismus nach Jugoslawien eingedrungen war, mussten also die Deserteure wieder zurück in die Heimat. Die Burschen mussten wieder zurück nach Zell. Naja, natürlich, meine Brüder kamen zurück nach Hause; und noch fünf Burschen mit, die auch von Zell waren. Es waren 8 zu verstecken. Ja, das erste war, ein Versteck zu machen. Es wurde im Stall gemacht. So mit Bretter, im Stall, und so ziemlich hoch, und darüber Mist. Ja, als wär der Mist so hoch. Man hat eh immer den Mist gleich im Stall gelassen, früher einmal, da haben wir die Bretter, und Mist darüber.“ [3]

Der zweite gravierende Einschnitt in das Leben der Kärntner SlowenInnen war die Vertreibung – beschönigend Aussiedlung oder Umsiedlung genannt – von 221 Bauernfamilien und 917 Kärntner SlowenInnen am 14. und 15. April 1942 in verschiedene Lager der Volksdeutschen Mittelstelle im „Altreich“.
„Und am 16. April, 1942 war das, so gegen Abend, es hat schon gedämmert, also da waren, da haben sie uns in den Zug hinein und nach Deutschland hinauf. Rehnitz. […] Das war oben bei Stettin. Und da, wir waren bei Stettin oben, von April bis August und im August wurden wir wieder nach Bayern überstellt. Alle. Nach Bayern, nach Eichstätt, da war ein Lager. Und da waren wir, da sind wir in Dienst gegangen. Ich hab bei einem Professor einen Dienst gekriegt. […] Aber schlafen hab ich müssen im Lager. Jeden Abend bin ich ins Lager hinein gegangen, und dann in der Früh wieder hinauf. […] Naja, das ging bis November. November eines Tages, da kam ein Gendarm. Sagt, ich muss mit ihm. Ja, was hab ich denn verbrochen? […] Naja und ich bin halt dann ins KZ gekommen. Ravensbrück. Dort von Klagenfurt weg [4] war die Reise durch Marburg und nach Wien und Breslau und Tschechoslowakei irgendwo und nach Berlin, dort war der, ja dort war die letzte Nacht, genau. 14 Tage waren wir auf dem Transport. Bis wir hingekommen sind, da nach Ravensbrück. Naja, dort vom Zug hinaus, da hat uns schon das Hundegebell empfangen.“ [5]

Die Vertreibung erhöhte die Unterstützung des bewaffneten Widerstands der PartisanInnen durch die slowenische Bevölkerung. Der Großteil der Kärntner SlowenInnen ist in den Jahren 1943 und 1944 nach Ravensbrück bzw. in die Uckermark deportiert worden. [6]
Visible Video Kupper
Vom Leben und Überleben

Von 86% der KärntnerInnen kennen wir das weitere Schicksal: Von diesen überlebten 31% die KZ-Haft nicht, 55% überlebten die Torturen der NS-Verfolgung.


[1] Die im Folgenden angeführten Zahlen beziehen sich auf die quantitative Auswertung der vom IKF durchgeführten Namentlichen Erfassung von ÖsterreicherInnen im KZ Ravensbrück. Insgesamt konnten 2.713 Frauen und Männer recherchiert werden. Nicht zu allen Personen liegen sämtliche Daten vor; die statistischen Auswertungen betreffen daher oft eine kleinere Anzahl. Vgl. im Folgenden Helga Amesberger Brigitte Halbmayr, ÖsterreicherInnen im KZ Ravensbrück. Quantitative Auswertung der Datenbank (unveröffentlichter Forschungsbericht, Wien 2012).
[2] Vgl. Valentin Sima, Kärntner Slowenen unter nationalsozialistischer Herrschaft: Verfolgung, Widerstand und Repression. In: Emmerich Tálos, Ernst Hanisch, Wolfgang Neugebauer, Reinhard Sieder (Hg.): NS-Herrschaft in Österreich. Ein Handbuch (Wien 2000) S. 744-766. Brigitte Entner, “Komm, miß dich mit uns, in die Wälder dich trau!” Kärntner Sloweninnen im Widerstand. In: Fabian Hafner, Johann Strutz (Hg.): Krieg, Widerstand, Befreiung. Ihr Nachhall in den Kulturen und Literaturen des Alpen-Adria-Raums (Klagenfurt-Wien/Celovec-Dunaj 2013) S. 31-48.
[3] Anna Jug, Interview von Christa Putz, Tina Leisch und Lela Gahleitner (1998).
[4] Anna Jug wurde im November 1942 von Eichstätt ins Gefängnis nach Klagenfurt gebracht, von wo sie am 3. Juni 1943 nach Ravensbrück deportiert wurde.
[5] Anna Jug, Interview von Christa Putz, Tina Leisch und Lela Gahleitner (1998).
[6] Vgl. Amesberger, Halbmayr, ÖsterreicherInnen im KZ Ravensbrück, S. 34.

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