Frieda Horvath

Frieda wuchs mit ihren Eltern und acht Geschwistern in Pommern (heute zu Polen gehörend) auf. Nein. Wir haben unsere Wohnung gehabt .. und wir haben Viehcher gehabt. Mein Vater hat jedes Jahr eine Sau abgestochen und wir haben unsere Hühner gehabt, wir haben alles daheim gehabt, Hasen, alles. Und mein Vater hat sogar ein Stück Grund gepachtet, daß wir über Winter Kartoffel und so alles gehabt haben, Kraut und so. mhm Das hat mein Vater alles so eingebeizt, daß wir Sauerkraut, anderes Kraut gehabt haben und so. Ich bin in die Schule gegangen und bin heimgekommen von der Schule, bin auf das Feld gegangen, habe ich dann wieder dort ein bißchen geheindelt, oder wenn alles schon abgeholt war, dann sind wir Kartoffel klauben gegangen, haben Kartoffeln wieder heimgebracht, Kraut geschnitten und so Und Sie sind dann bis 13, 14 in die Schule gegangen oder wie lange sind Sie in die Schule gegangen? Ich bin bis zu 14 Jahre, mit 15 Jahren habe ich dann daheim ein ganzes Jahr, habe ich dann gearbeitet gehabt, net. Na und ein paar Monate ist das so dahin gegangen, dann hat es geheißen, ja, die Zigeuner. Wenn dann, meine Brüder haben ja überall hingehen können. Die haben ja gar nicht ausgeschaut, wenn die angezogen waren, die haben ja nicht ausgeschaut wie Zigeuner, wie unsereiner. Und meine Schwester, meine 2 Schwestern haben in einem Hotel geputzt, net, und zusammen geräumt. Da hätten sie auch sagen können, na du bist ein Zigeuner, wir brauchen euch nicht. Aber das hat es nicht gegeben. Dann auf einmal hat es geheißen, ja, die Zigeuner dürfen in das Hotel nicht hinein. Von meinen Kusins, was waren, da hat keiner hinein gedurft in so ein Hotel. Da sind einmal Zigeuner, eine ganze Kapelle von Zigeunern waren dort, die haben gespielt. Das ist ein Hotel und da sind so große Fenster gewesen, wir sind immer vorbeimarschiert: mei, die schöne Musik. Dann habe ich gesagt zu meinem Bruder: „He“, habe ich gesagt, „probieren wir mal, ob wir dort hineinkommen“. „Und du schon gar nicht.“ Und ich bin ja nur für die Musik, nur für die Musik gewesen, und heute noch, heute. Die Marika Rökk. Jetzt habe ich gesagt die Marika Rökk. Und wenn ich nur das klimpern gehört habe, dann habe ich schon getanzt. (lachen) Dann habe ich schon immer gesteppt mit den Füßen, Besen. Mein Papa immer: mein Gott, mein Kind, ich gebe dich in eine Tanzschule. Meine Mutter: „Tanzschule, die soll lernen zusammen räumen“. Meine Mutter war so streng. Oh. Die war so streng. Aber mein Papa hat nichts drauf gegeben. Hat er gesagt: „Du lass mein Kind in Ruhe. Wenn ich so könnte, aus der machte ich schon was.“ Ist aber nichts geworden, gell. Sind wir ins KZ gekommen, was haben wir dann unser Leben gehabt. Mein junges Leben habe ich dort drinnen verbracht. 241Naja, das ist, ich bin halt mit meiner Familie hineingekommen, net, da war ich 16 Jahre. Meine Geschwister haben daheim alle gearbeitet und da wurden wir erst eingesperrt in ein, in eine Zelle beim Gericht. Von dort wurde uns dann der ganze Schmuck weggenommen und alles, net. Wir haben nur das am Körper gehabt, was wir angezogen haben. Es wurde uns gesagt: Ziehen Sie sich warm an, net, das war im April, Mai, sowas in ’43. Und da sind wir dann eingesperrt worden, waren wir 3 Tage eingesperrt, die ganze Familie, Vater, Mutter. Da war ein Kübel drinnen, da mussten wir alle aufs Klo gehen. Was ja bei uns nicht die Sitte ist, net. Und, dann wurden wir auf einen Transport geschickt, sind wir auf den Bahnhof gekommen. Und vom Bahnhof, da sind wir halt bis nach Stettin und in Stettin, da sind noch Zigeuner dazugekommen, net, und dann wurden wir in einen Güterzug eingeteilt, net. Das war halt bummvoll. Ich habe eine Schwester gehabt, die war hochschwanger, net, die ältere. Na und von dort sind wir dann halt noch in ein so ein Sammellager hineingekommen, ich weiß nicht mehr, wie das heißt. Und von dort sind wir dann nach Birkenau gekommen, nach Auschwitz. Das „Zigeuner“-Familienlager war noch im Entstehen begriffen. Männer, Frauen und Kinder wurden hier gemeinsam untergebracht. Von den 22.600 Häftlingen überlebten lediglich 3.300. Die gesamte Familie noch immer beieinander? Die ganze Familie, na, das war in ’43, net. Und wie wir dort angekommen sind, sind wir da in Schlamm und Dreck, das ist ja noch nicht richtig aufgebaut gewesen. Das wurde ja erst hergerichtet von uns KZ-lern, net. Und, da wurde uns dann das Gewand auch noch abgenommen, was wir gehabt haben, sind wir unter die Dusche mit der ganzen Familie. Ja, also nicht Männer und Frauen getrennt? Alles zusammen. Wenn’st zugedeckt hast, haben sie gleich dreingehaut, net. Ja. Sind wir so durch dann. Na und wir mussten aber im Außenkommando arbeiten gehen, net. Ja. Wir haben müssen die Wiesen ausstechen, und dass wir sie im Lager wieder hereingebracht haben, net. aha, so einen Rasen Dann haben wir einen Rasen legen müssen, net. Das war ja alles so sumpfig und so. Jetzt am Anfang haben viele Leute Bauchtyphus gekriegt durch das Essen. Jetzt sind die meisten schon zugrunde gegangen durch das. Dann war ein Klo hinten am Ende, net, es waren Buchsen drinnen in den Baracken und da sind wir eingeteilt worden zum Schlafen, net. Keine Decken, nix, nur so Planen. Bis das alles eingeliefert worden ist, dass wir Decken gekriegt haben und so, net. Na und, was soll man dann sagen, Ratten, Mäuse waren dort, net. Jetzt haben Männer, Frauen alle müssen auf’s Klo gehen. Dann im Winter, wie das da so eingefroren war, da sind die Ratten hereingekommen zu uns in die Betten, unter die Betten, wir haben nicht einmal schlafen können. Net. Na, und dann waren Tschechen, Polen, alles durcheinander, net. Die haben uns eingeteilt(?), so wie Transporte hingekommen sind, haben sie uns reingeschupft in die Baracken. So haben wir liegen müssen. Hast ein Stückchen Brot gehabt, dass du gesagt hast, naja, jetzt hast ein Stückchen Brot, hebst es auf für in der Früh oder wann, dann haben’s, gegenseitig sind sie stehlen gegangen und haben sich, wenn sie’s gesehen haben, haben sie’s ja, vor Hunger haben sie’s gestohlen voneinander, net. Na, und das haben wir müssen zusammenbinden und haben es unter den Polster legen müssen, die Mama, net, meine Mutter halt, dass sie es versteckt hat, dass die Kinder in der Früh ein Brot gehabt haben. Ja und wir sind dann hungrig hinaus, dann haben wir gearbeitet, und dann haben’s so Kesseln gehabt dort mit dem Essen. Bis man da zu einer Schüssel Essen gekommen ist, haben wir schon hundert Mal Schläge gekriegt, net, weil da sind sie gestürmt auf den Kessel, vor Hunger. Jetzt hast aber nichts zum Essen gekriegt, net. Im Gegenteil, wenn du hingegangen bist mit der Schüssel und wolltest Essen haben, dann haben wir Schläge gekriegt. Ja. Na und das ist halt so gegangen die ganze Zeit bis ’44. Und in ’44 halt, da sind wir, da sind dann die Kinder, die Buben weggekommen, 4 sind weggekommen, die Mutter, und mein Vater ist dann gestorben drinnen, net. Und bis dort hin waren Sie immer beieinander? Wir waren immer, ich war, ich habe mich dann als Stubendienst gemeldet dann net. Und da habe ich ja auch dann müssen Brot holen, net, Essen mithelfen hereintragen, net, und so. Na, ich kann nicht sagen, ich war recht schwach und so, weil ich habe überall mitgearbeitet und bin halt, im Winter bin ich halt in den Waschraum gegangen, habe ich mich, mit dem Eis habe ich mich gewaschen, wir haben ja kein warmes Wasser gehabt, net. Und so habe ich mich durchgebracht, net. Weil wenn ich das nicht gemacht hätte, dann wäre ich eh gestorben, net. Weil meine Geschwister, die sind alle krank geworden und ich habe mich doch noch so gehalten. Ich bin für einen jeden arbeiten gegangen, ich hab’ beim Blockältesten geputzt, ich habe, wo ich habe helfen können, habe ich geholfen, damit ich nur ein Stück Brot oder irgendwas gekriegt habe, dass ich es meinen Eltern habe geben können, net. Dann habe ich eine Schwester gehabt, die hat entbunden, die was schwanger war, wir waren nicht einmal ein Monat, ja, 8 Monate hat sie gehabt, wie wir hineingekommen sind. Ein Monat waren wir dort, dann hat sie entbinden müssen. Jetzt sind aber die Leute noch nicht richtig eingeteilt worden in die Blöcke, nicht, es war ein so ein Durcheinander, alles in eine Baracke, net. Jetzt habe ich, jetzt haben sie sie herein, habe ich sie hinein müssen geben ins Spital – da war schon ein Spital, net. Und dann hat sie entbunden. Jetzt hat sie aber Kopftyphus dabei gekriegt und hat einen Kaiserschnitt kriegen müssen. Net. Und durch den Kaiserschnitt ist ihr etwas zurückgeblieben, net, und durch den Kopftyphus. Jetzt war sie halt, jetzt sind wir halt in die Baracken, wie wir sie halt heimgebracht haben – das Kind ist ja gestorben, Und ich war die Jüngere und habe müssen kämpfen, damit ich durchgekommen bin mit ihnen. Ich bin heimlich weggerannt und habe etwas zum Essen geholt und wenn sie mich erwischt hätten, hätten sie mich selber umgebracht. So war es. Wie oft habe ich schon gesagt, meine Geschwister können mir das gar nicht gut machen, was ich für sie getan habe. Das ist ehrlich so. Die können das nicht. Nein, wir waren noch bei Ihrem Vater, wie er im Revier war. Und dann sind Sie eines Tages hineingekommen, sind ihm die Goldzähne gezogen worden. Wie ist es dann No, und dann – ist er eh, net. Das war dann schon, wahrscheinlich das Ende gewesen. Dann haben sie ihm eine Spritze gegeben, und das war die Todesspritze. – Wie ich dann Nachmittag, auf die Nacht dann hinein, wie ich von der Arbeit heim, und bin ich hingekommen, war er tot. Er war noch nicht ganz, – ich bin hingekommen, net, und da ist er gelegen, und sagt er: „Ich habe eine Spritze gekriegt“. Da sage ich: „Was für eine Spritze? Für die Schmerzen?“ — Und dann sagt er „ich weiß nicht“, hat er gesagt, net? Und dann bin ich vielleicht, nicht einmal 10 Minuten, hat er gesagt, einen Durst hat er. Und ich habe aber nichts gehabt. Bin ich zum Blockältesten hingegangen, und der hat mir dann schnell was zum Trinken gegeben, habe ich ihm gegeben, – no, und dann ist er gestorben, wie ich bei ihm war. Und das war noch gut, die Kinder haben, die Buben, wie sie weggekommen sind, haben sich noch alle von ihm verabschiedet, net. Und dann ist er nach ins Spital gekommen. Das war ja eh noch sein einziger Wunsch gewesen, dass er seine Kinder gesehen hat. — Und dann sind sie einfach hinten in so eine Hütte hineingeschmissen worden.. Mein Vater ist in Birkenau gestorben. Meine Mutter ist in ’44 mit meinem Bruder, der war 13 Jahre, in, die haben sie mir nicht mitgegeben, net, die ist drinnen geblieben in Birkenau, und angeblich hat es geheißen, die sind alle vergast worden. Net. Ich habe auch seither nichts mehr gehört. Wir sind dann von dort nach Ravensbrück gekommen, net, und in Ravensbrück, da waren wir drei Tage, net, und angeblich soll, in Auschwitz hätten sie mich ja wollen zur Sterilisierung. Und mich hat der Blockälteste versteckt gehabt. Und ich wäre ja auch dazu gekommen. Es sind ja etliche junge Frauen, junge Mädchen, net, sind sterilisiert worden. n Ausschwitz-Birkenbau wurde Frau Horvath Zeugin der Judenvernichtung-lange Zeit trug sie die Bilder in sich Da ist die Gaskammer gewesen. Da sind die Leute ausgezogen worden – ich habe ja zugeschaut oft, die Juden, net. Da haben wir hinten bei der Türe herausgeschaut. Da sind Transporte gekommen von den Juden mit Kindern, die Kinder geschrien, und haben sie dann gleich herein in das Abteil, in den Garten herein, wo die Gaskammer ist, haben sie alle, zuerst die ganzen Kinderwägen, alles auf einen Haufen, haben sie erst die Haare abgeschnitten gekriegt alle, dann haben sie in die Gaskammer hinein müssen und von dort haben sie sie dann auf einen Scheiterhaufen. Maria. Wenn sie so etwas zuschauen, einen Scheiterhaufen, da steigen ihnen die Haare. Ich habe zugeschaut. .. Ich habe dann, ich habe mich dort hinten immer hingestellt beim Tor, die Ratten sind herum gerannt, aber ich habe mir nichts drum gemacht mehr. Da wirst so hart. Und heute, wenn ich eine Maus sehen tu, renne ich davon. Da habe ich geschaut. Die gehen in die Höhe und fallen wieder zusammen, wenn sie verbrennt werden. Und das habe ich aber ein ganzes Jahr vor meinen Augen gehabt, das ganze Jahr. Ich war mit meinem Mann beieinander, und wie ich dann meine Kinder, oft wenn ich im Bett gelegen bin, oft ist mir das alles untergekommen, alles. Das sind Jahre, wo du das, etwas vergisst da dran. Oder denkst, willst nicht mehr dran denken. Nur wenn ich die Bilder sehen tu, dann denke ich mir wieder: mei, meine armen Leute sind alle zugrunde gegangen drinnen im Lager, alle haben sterben müssen, meine armen Geschwister. Und jetzt wie wir zur Untersuchung gekommen sind, da haben sie uns ausgemustert, die ein bisschen beieinander waren, haben sie uns dann nach Graslitz gebracht, net. Und in Graslitz da haben wir müssen dann, da habe ich dann so lange kämpfen müssen, dass ich meine zwei Geschwister mitgebracht habe, meine ältere und meine zweitältere, net. Die Jüngere habe ich nicht mitgekriegt, net. Ich habe mit dem SS-Mann gesprochen. Sage ich: „Sie hat sich doch nur – das aufgerissen“, sage ich, „weil wir da jetzt da durch Jodwasser gehen haben müssen“. „Nein“, hat er gesagt gehabt, „sie muss dableiben“. Net. „Weil dort, wo sie euch brauchen, da darf keine Gefahr entstehen mit Ausschlag, oder mit irgendwas“, net. Haben wir uns auch müssen ausziehen, komplett. Angeschaut, ob der Körper stark beinander ist, oder wie immer, net. Die habe ich dann, sind wir dann zu dritt mitgegangen. Und gerade sie habe ich nicht mitgekriegt, net, durch den Ausschlag. Dann wären wir zu viert weggekommen, net. — Insert: Zwangsarbeit im Luftfahrtgerätewerk Hakenfelde GmbH, einer Tochterfirma von Siemens Und wie wir halt in Graslitz gekommen sind, net, dort sind wir, mit dem Zug haben sie uns dann bis nach Graslitz gebracht, net. Na und da haben wir halt Nachtschicht gemacht, Tagschicht gemacht, net. Da war das Essen auch nicht wer weiß wie. Da war eine Blockälteste, die hat nur ihren Freundschaften das dicke Essen gegeben, und wir haben das dünne essen müssen. Wir haben aber schwer arbeiten müssen, net. Die Maschine, die war so groß wie der Tisch. Und da haben wir im Tag müssen, wenn wir gearbeitet haben, Nachtschicht bis in der Früh, tausend Stück haben wir machen müssen. Was haben Sie da, haben Sie da was stanzen müssen? Das sind so Teile gewesen, so Eisen, das waren so Eisenrollen, und die haben wir schneiden müssen auf solche Teile, und das ist so wie ein Flügel gewesen. Wissen’s so die, wie soll ich Ihnen das erklären? Zeichnen Sie es mir auf? Das war mal so eine Stange, net, so rund, die war voll. Dann haben wir sie so abschneiden müssen. Da haben wir ein Loch bohren müssen, und da sind 2 Flügeln. Sehen Sie? So. Und da haben wir das Loch bohren müssen. Und die Flügel, die haben wir auch so ausschneiden müssen, dass die Flügel so, dass sie so gehalten haben. Für was sie es gebraucht haben, könnte ich Ihnen heute gar nicht sagen. Aber es ist halt für den Krieg gewesen, net. Nach einem Bombenangriff der Alliierten auf die Fabrik wurde das Lager im Frühjahr 1945 geräumt. Dann hat es geheißen: zusammenpacken, alles zusammenpacken. Jetzt haben wir schon gesehen, wie die SS-ler unten am Gang 3 große Wägen haben sie angepackt gehabt mit Lebensmittel, net. So, denke ich mir, wieso nehmen die das ganze Lebensmittel, wenn wir sie brauchen zum Essen, net, wenn wir arbeiten müssen. Sagt die eine: „Nein, wir müssen jetzt alle, die gehen mit uns flüchten.“ „Ja“, sage ich, „wohin?“ Ja, sagt sie – sie war ein Polin, net -, die hat gesagt, die gehen jetzt mit uns, weil (die haben?) bombardiert, net, und jetzt müssen sie flüchten gehen. Da nehmen sie uns als Geiseln mit. Jetzt sind sie halt mit uns in ganz Tschechien da herum gerannt, net, bis nach Pilsen. Und irgendwo ist dann ein Dings gewesen, die was nicht mehr gehen haben können, ist ein Befehl gekommen, die was nicht gehen können, die werden gleich erschossen. Ich sage Ihnen, in den Wäldern sind die KZ-ler gelegen, wie sie mit uns durch die Wälder marschiert sind. Na dann irgendwo in einem Dorf, ich weiß aber nicht mehr, wie das heißt, in der Tschechei, da haben sie uns dann einfach laufen lassen. „Ihr seid frei“, haben sie geschrien, net. Wir haben von den SS-lern nichts gesehen und gar nichts. Die sind einfach verschwunden. Und wir sind dagestanden, wir haben nicht gewusst, wohin und was. Na dann sind wir bis nach Pilsen und in Pilsen, da habe ich dann meinen Mann kennengelernt. Und, äh, meine Schwester war, die sind dann auf den Transport, sind dann heim. Ich weiß nicht, wo die hin sind, die sind halt weg, net. Und wir haben, eine Zeit lang sind wir beieinander gewesen, jetzt hat sie gesagt – und ich wollte mit, und mein Mann hat aber gesagt gehabt, wenn du mir helfen tust, dass ich meine Geschwister finden tue, dann fahre ich mit dir nach Deutschland. Net. Na, und so ist das halt daher gegangen. Ich bin aber nicht mehr nach Deutschland gekommen, sondern bin in Österreich geblieben, in ’45. Na da habe ich, mit meinem Mann dann bin ich ins Burgenland hinunter gekommen, net, und vom Burgenland bin ich dann wieder hinauf. Daher, da habe ich dann den ersten Buben gekriegt, net. Es dauerte lange, bis Frau Horvath und ihre Familie eine dauerhafte Bleibe bekamen. Und bis ’47 bin ich halt unten gewesen, net. Dann bin ich wieder nach Linz hinaus, net. Ich habe mir gedacht, ich bleibe dort unten nicht, net. Ihr Mann war aus dem Burgenland? Mein Mann, der ist ein Burgenländer gewesen. Na, und da sind wir dann nach Linz. Unten im Burgenland hätte ich nicht leben können. Dann sind wir ’49 in das Obdachlosenheim hineingekommen, dort in Urfahr, da war ein Obdachlosenheim, in der Rudolfstraße ganz oben am Berg, net. Ein so ein Durchgangs-Dings war da. Na, und da waren wir halt auch drei Familien drinnen, net. Da haben wir auf einem Ofen kochen müssen und so. Und dann, bis mein Mann eine Arbeit gekriegt hat, der hat dann bei der ESG gearbeitet, net. Und in Urfahr habe ich dann eine Wohnung gekriegt, na, da habe ich den Zweiten schon gehabt, net, weil ich bin dort hochschwanger gewesen, den habe ich dann im Obdachlosenheim, bin ich dann dort in Urfahr in ein Spital hinein gekommen In Urfahr habe ich dann eine Wohnung im Bachellager gekriegt, net, und da ist halt ein Kusin von ihm gewesen, der hat uns dann, der hat auch dort mitgeholfen, dass wir die Wohnung gekriegt haben, net. Wir haben dann die Kinder gehabt. Und erst wollten sie uns ja gar nicht annehmen, net, dann haben sie sie [die Wohnung] uns aber doch gegeben. Dann haben sie das Lager oben abgerissen, sind viele weggekommen, dann habe ich in Traun die Wohnung gekriegt. Haben sie uns nach Traun hinaus, da am Bahnhof, da war auch so ein Lager, net. Dann von dem Lager bin ich nach Ebelsberg, haben sie das auch wieder abgerissen. Dann habe ich in Ebelsberg gewohnt, oben im Marinewald, da war auch ein Lager. Haben sie uns dort wieder. Und von dem Lager bin ich da her. Achso, da haben Sie ein Von einem Lager zum anderen. Erst haben wir da unten gewohnt, äh, bei den Brücken in Kleinmünchen, wo sie jetzt die Hochhäuser gebaut haben. Dort bin ich hingekommen und von dort bin ich da her. Mhm. Und wann sind Sie da eingezogen dann? Das haben wir gekriegt in ’71. Das hat ganz schön lang gedauert, bis Ja. .. Na, ich sage Ihnen, bis wir da eine gescheite Wohnung gekriegt haben, das, das, da sind wir von einem Lager zum anderen gewandert. Weder Deutschland noch Österreich fühlten sich für Entschädigungszahlungen zuständig. Frau Horvath musste lange Zeit um Zuerkennung kämpfen. Ja, ja, jetzt, sehen Sie eh, jetzt bin ich alleine, net, ja und das ist das Ganze. Das muss ich auch noch schildern. Ich bin seit dem ’45 in Österreich. Net, ich bin ja schon, ich habe die Staatsbürgerschaft gekriegt durch meinen Mann im 49-er Jahr, weil wir geheiratet haben. Ich bin ja weder in Österreich anerkannt, wenn ein KZ-Geld ausgegeben wird, net, und in Deutschland wollen sie mir aber auch nicht. Die sagen wieder, ja, ich bin seit ’45 in Österreich. Wäre ich gleich nach dem KZ nach Deutschland gezogen, dann hätte ich das auch alles gekriegt, net. Aber so muss Österreich für mich aufkommen jetzt, wenn ich da seit ’45 hier bin, und da heißt’s: ich bin im 38-er Jahr, am Stichtag, nicht da gewesen. Ich bin ja in Deutschland gewesen, net, in Pommern. Wir sind ja auch von Pommern ins KZ gekommen. Und eben weil ich jetzt hier nicht im 38-er (war), wird mir alles abgewiesen. Bekommen Sie nichts Ja, putzen sich beide ab faktisch. Ja! Jetzt, ich habe dort keinen Nutzen und hier keinen Nutzen, net. Und habe aber auch gelitten. Ich habe dann die Rente gekriegt von Deutschland, das hat auch ein paar Jahre gedauert, die habe ich auch erst in ’68 gekriegt, net. Da habe ich auch einen Rechtsanwalt nehmen müssen. Für eine Opferrente Eine Opferrente, eine KZ-Rente halt. Na, und mein Mann hat sie dann auch gekriegt. Da haben Sie auch einen Rechtsanwalt nehmen müssen, damit Sie das durchsetzen? Ich habe in Deutschland auch einen genommen. Den Dr. Freitag. Na, aber da ist halt die Hälfte Geld von dem weg gegangen, net. Gesundheitliche Probleme wurden selten als Folge der KZ-Haft anerkannt. Und dann habe ich nach Deutschland hinaus geschrieben, net, weil es ist nicht nachweisbar, dass ich diese Krankheit vom KZ habe, net, weil das war ja die Zeit gewesen, und da haben sie ja so noch, gehässig waren sie, die Ärzte genauso wie die anderen. Und die hat einfach etwas hingeschrieben, net. Ich habe geschildert, dass ich schwer krank war und so, net, und mit dem Magen habe und so Ding. Hat er mich untersucht und hat er gesagt gehabt, „das kann nicht vom KZ sein“, hat er einfach hingeschrieben, hinaus geschickt nach Deutschland und die haben, das ist nicht anerkannt worden, dass dies, die Krankheit vom KZ her ist. Und ich habe aber noch gesagt gehabt zu ihm, net, „wo war ich denn, ich war ja im KZ, Sie sehen ja die Nummer“. Hat er gesagt, „nein, das ist nicht, äh äh, zum Feststellen“. Erwiesen halt, man kann es nicht… Derweil ist der Großteil von den Alten an Magenkrebs gestorben. „Nicht nachweisbar“, hat er gesagt. „Ich finde nichts“, hat er gesagt, „das einfach vom KZ her stammt“. „Ja, sage ich, wenn Sie aber das Essen mitgemacht hätten und das, die ganze Arbeit und die Sachen und Schläge, dann“, habe ich gesagt, „wären Sie heute nicht so beieinander“. „Und warum haben Sie es ausgehalten?“, hat er dann frech gesagt. Ma bitte… Lange Zeit trauerte Frau Horvath um ihre Familie. Mit Hilfe des Roten Kreuzes fand sie ihre Geschwister wieder. Damit kehrte die Lebensfreude zurück. Na, auf einmal tritt sie vor. Na, da können Sie sich ja denken, die Freude, was ich gehabt habe. Mein Bruder, schon so lange nicht gesehen, net. Na, und da ist dann, die was gestorben ist, die ist dann einmal gekommen, net. Na, und dann bin ich schon mehr lebhafter geworden, weil ich gewusst haben, na, jetzt habe ich doch noch Geschwister draußen, net. Ich habe ja erst geglaubt, ich habe keine mehr. Net, dann haben sie mir das alles erzählt, dass die und die dort ist und die verheiratet ist und der verheiratet ist, net. Na, dann war mir leichter. Vielfach musste man die Erfahrungen der Verfolgung ganz allein bewältigen. Das Reden darüber wühlte Frau Horvath auch noch Jahrzehnte später auf. Sie haben gesagt, dass die Erfahrungen im KZ, die haben sie jahrelang verfolgt, dann daheim auch noch und in der Nacht und so. Haben Sie mit wem darüber reden können? Nein. Erstens einmal, was soll ich den Kindern so etwas erzählen? Und Bekannte, was so waren, die sind immer weiter weg gewesen und so. Und dann möchtest auch gar nicht mehr so richtig mehr davon erzählen, dass man sich so unterhalten tut und so von dem. So manches Mal, da fällt es mir ein, dann erzähle ich meinen Kindern so Kleinigkeiten, ein bisschen was, was ich mitgemacht habe, und so rede ich dann, dass wir Hunger gelitten haben, net, und sage immer: ihr dürft nicht heikel sein, weil wir haben genug Hunger gelitten, net. Eben das, weil die daheim, ist es dir gut gegangen, dann kommst aber in so eine (Milieu?) hinein, wo es dir so schlecht geht. Und durch das sind ja viele zu Grunde gegangen, die was daheim ein gutes Leben gehabt haben, net. Wie ist es Ihnen denn nach dem letzten Gespräch mit mir gegangen, oder mit uns? Naja, mein Gott… So fangt es immer wieder von Frischem, so denkt man immer wieder zurück, das ist Nichts. Das soll auch einmal ein Ende nehmen. Freilich, man ist, ab und zu ist wer neugierig und sagt er, wie war‘s dort und dort. Dann erzählt man halt eine Kleinigkeit, aber das Ganze kann man nicht mehr aufpauschen, das ist nichts. Das ist zu schwer gewesen. Und das tut nachträglich alles so weh. Da denkt man zurück, ich habe die ganze Nacht nicht schlafen können, weil mir das alles untergekommen ist, alles. Eine letzte Frage habe ich noch, Frau Horvath: was, glauben Sie, hat Ihnen geholfen, dass Sie das Lager überstehen? Beziehungsweise überleben? Dass ich das Lager überstehe? Mein eigener Wille und meine Fleißigkeit. Das hat mich soweit gebracht. Weil wenn ich mich (gehen) gelassen hätte, aber ich habe mir gedacht: „Nein.“ – Ich habe immer einen Willen gehabt für alles. Ich habe gearbeitet, ich habe gemacht, was, was mir angeschaffen wurde, ich habe mich nicht geweigert und nichts, und das war mein Glück. Weil wenn ich mich so hätte gehenlassen, da wäre ich heute nicht heraußen. Wirklich nicht. Aber ich bin, ich bin wie ein Habicht gewesen, überall war ich dabei, überall. Wenn was war, bumm, wer ist da? Ah ja, die Frieda ist schon wieder da. Net? Habe überall mitgeholfen. Und ich habe mich auch nicht so eingemummelt, oder irgendwie. Ich bin gegangen im Winter und habe mich mit dem Eis im Waschraum, habe ich mich abgerieben, abgewaschen. Und das war alles mein Wille, was mir geholfen hat.

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