Amalia Hoisl

Geboren am 3. Juli 1918
Verfolgungsgrund: Asozialität
Biografische Daten

Termin beim Arbeitsamt
Amalia wurde in Klagenfurt als uneheliches Kind geboren, ihre Mutter starb im Wochenbett. Auch ihren Vater lernte Amalia nie kennen, sie wuchs bei ihren Tanten auf. Da sie bereits in jungen Jahren in der Landwirtschaft arbeiten musste, besuchte sie die Volksschule nur gelegentlich. Zum Zeitpunkt ihrer Verhaftung 1939 arbeitete sie im Klagenfurter „Volkskeller“ als Küchenhilfe. Laut einer Beamtin auf dem Arbeitsamt hätte sie in die Landwirtschaft versetzt werden sollen, weil das der Führer so gewollt habe. Amalia hatte aber für Landwirtschaft wenig über. Das kümmerte die Beamtin jedoch nicht. „[…] und dann hat sie gesagt: Sie vergessen wohl, dass wir den Hitler haben. Und ich hab gesagt, der kann mich auch am Arsch lecken.“ [1] Kurze Zeit später erschienen zwei Kriminalbeamte, welche die 20-Jährige ins Polizeigefängnis brachten. Dort verbrachte Amalia zwei Monate. Im August 1939 wurde sie nach Ravensbrück deportiert.

KZ-Haft
In Ravensbrück angekommen, wurde sie dem Aufnahmeprozedere inkl. Haare scheren unterzogen und bekam die Häftlingsnummer 2054 zugewiesen. Amalia blieb die ersten Monate im Stammlager. Einmal ließ sie beim Verladen Äpfel fallen, daraufhin wurde sie im Zellenbau misshandelt:
„Und dort haben sie so ein Gestell gehabt, so nach dem Körper gebaut … […] Ja, einen Bock. Du bist hinaufgeschnallt worden, und schon hast du gekriegt 25 Riemen. Und gespürt hast eh nur die ersten paar Schläge, nachher hast eh nicht mehr … Dann haben sie dich [mit] was eingeschmiert, dann haben sie dich hineingeschmissen in eine Zelle, und da liegst du bis in der Früh.“
Schließlich wurde Amalia nach Comthurey, einen biologisch-dynamischen Landwirtschaftsbetrieb, überstellt. Dort musste Amalia die Pferde betreuen:
„Wissen Sie, ich habs wieder gut gehabt. Ich bin zu den Pferden gekommen. Die andere ist zu den Schweinen gekommen, die andere [ist] zu den Kühen gekommen, jede hat müssen was arbeiten. Aber essen haben wir auch nicht so gekriegt. Jeden Tag so Kartoffeln und Kraut und Rüben, und weiß der Teufel was. Haben wir müssen alles selbst bewirtschaften draußen, die Frauen. Ich bin halt den ganzen Tag mit den Pferden gefahren.“
Es gelingt ihr, sich mit den Frauen im Küchenkommando anzufreunden, diese steckten der an Hunger Leidenden regelmäßig Lebensmittel zu. Im Jänner 1942 wurde sie plötzlich entlassen:[2]
„‘Und wehe‘, haben sie noch gesagt, ‚wenn Sie etwas in die Öffentlichkeit bringen.‘ Ich war froh, daß ich nichts… ich hätte nie was gesagt, weil ich Angst gehabt hätte.“

Arbeit und Überwachung
Amalia kehrte nach Kärnten zurück:
„Hab ich müssen zwei Jahre zum [Hotel] ‚Dermuth‘ gehen, wieder drei Jahr unter Aufsicht. Da ist alle acht Tage ein Kriminalbeamter gekommen, fragen, wie ich bin. Das ist nachher alles von der Kripo aus … Da habe ich müssen bei den Bauern arbeiten, sonst wäre ich wieder gefahren … sonst wäre ich wieder gegangen.“

Nach dem Krieg
Nach der Befreiung interessierte sich niemand für ihre Erlebnisse in der KZ-Haft, bzw. Amalia erlebte oft, dass ihr nicht geglaubt wurde. Auch privat hatte sie vorerst wenig Glück, sie bekam fünf Kinder von drei unterschiedlichen Männern. Sie gab an, bei keinem je an Heirat gedacht zu haben. Immer musste sie hart arbeiten, Geld hatte sie immer wenig. In ihrer Pension ging sie ganz in ihrer Rolle als Großmutter auf. Amalia stellte erst 1998 mit Hilfe von John M. Steiner, einem Soziologie-Professor, der sie zu ihrer Haftzeit befragte, einen Antrag auf Entschädigungszahlungen.


[1] Die Zitate stammen aus John M. Steiner, „Es war ja nicht so…“. Adolf Hitler entläßt persönlich am 25. Januar 1942 Amalia Hoisl, Häftling Nr. 2054, aus dem Ravensbrücker Außenlager Comthurey. Interviews mit Amalia Hoisl im Sommer 1997, 1998 und 1999 in Klagenfurt und Guttaring, Kärnten. In: Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes, Jahrbuch 2000 (Wien 2000) S. 45-86.
[2] John M. Steiner gegenüber erzählte Amalia Hoisl, von Adolf Hitler während dessen Besuch auf dem Gut Comthurey, dem Landsitz von Oswald Pohl (Leiter des SS-WVHA), persönlich entlassen worden zu sein. Sowohl das Zusammentreffen mit Hitler als auch seine persönliche Anweisung der Entlassung müssen jedoch als sehr unwahrscheinlich eingestuft werden.

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