Otto Stiedl

Otto STIEDL
Geboren am 25. Juni 1903 in Wien
Verfolgungsgrund: Kommunistischer Widerstand
Biografische Daten
Otto Stiedl in der erkennungsdienstlichen
Kartei der Gestapo Wien (Quelle: WStLA, GESTAPO)

Otto Stiedl besuchte in Wien die Handelsschule und absolvierte danach eine Lehre als Schriftsetzer. Er übte verschiedene Berufe aus: Elektromechaniker, später Straßenbahner und Beamter. Wegen Betätigung für die KPÖ wurde Otto Stiedl am 14. Dezember 1939 in Wien verhaftet. Ein Gericht verurteilte ihn wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu einem Jahr und neun Monaten Zuchthaus. Nach zwei Jahren Gefängnishaft in Wien und Stein wurde er am 8. Dezember 1941 in das Konzentrationslager Flossenbürg deportiert und nach acht Monaten nach Ravensbrück überstellt:
„Mitte Juli 1942 wurden wir nach einer vorangegangenen Untersuchung für einen Transport nach […] Ravensbrück vorgeschlagen. In vergitterten Viehwaggons fuhren wir zwei Tage und Nächte […] nach Ravensbrück. Dort empfing mich nun […] zum zweiten Male die SS mit ihren Gewehrkolben, um mir neuerlich ihr Herrenmenschentum und seine kulturellen Einrichtungen hineinzuschlagen […]“ [1]
Im Ravensbrücker Männerlager bekam er die Häftlingsnummer 2422 zugewiesen. Er musste Beutegut aus Polen bzw. Russland entladen und stapeln. Später wurde er zu Rodungsarbeiten am Gut Damshöhe abkommandiert. Durch den Wechsel des Arbeitskommandos entkam er dem Block 5 „… dessen Insassen über kurz oder lang wegen ihrer fortschreitenden Arbeitsunfähigkeit zur Liquidierung bestimmt waren“ [2] , wie Otto Stiedl in seinen Erinnerungen schrieb. Laut eigenen Aussagen stand der Kommunist mit der illegalen Lagerorganisation in Verbindung. Dies war extrem gefährlich, ahndete die SS doch jeden Versuch des Widerstands aufs Härteste. So etwa auch den Fluchtversuch zweier russischer Häftlinge:
„Als zwei Russenhäftlinge den aussichtslosen Versuch machten zu fliehen, waren selbst die Abgehärtesten unter uns erschüttert, als man uns nach vielen, vielen Stunden, die wir stehend am Appellplatz verbringen mussten, die von den Bluthunden gestellten und zerfleischten Leichen hinlegte. Einen Tag, eine Nacht und wieder einen Tag bis zum Nachmittag standen wir inzwischen an einer Stelle am Appellplatz unter Bewachung der Capos und der Lager-SS. Einige der körperlich schwächsten Häftlinge erlöste der Tod auf der Stelle. Selbst die Notdurft mussten wir an Ort und Stelle verrichten.“ [3]
Schließlich wurde Otto Stiedl in ein weiteres Nebenlager nach Berlin Prenzlau überstellt, von wo er am 6. November 1944 zum Wehrdienst in die SS-Sondereinheit „Dirlewanger“ eingezogen wurde. Die meisten KZ-Häftlinge meldeten sich nicht freiwillig für diese Sondereinheit, die viele Kriegsverbrechen beging. Viele von ihnen desertierten bei der ersten Möglichkeit.

Otto schrieb nach der Befreiung mehre Berichte über seine Haft in den Konzentrationslagern. Im Zentrum seiner Erzählungen standen stets seine Mithäftlinge: „Sie alle verdienen es, nicht vergessen zu werden, zu Nutz den Frommen und der gesamten Menschheit.“ [4] Er starb am 17. April 1992 in Wien.

[1] Otto Stiedl “Schutzhäftling 2717” (Unveröffentlichter Erlebnisbericht, Wien 1968) DÖW 4693
[2] Otto Stiedl, Männer in Ravensbrück (Unveröffentlichter Erlebnisbericht, Wien 1968) DÖW 6444
[3] Stiedl, Männer in Ravensbrück
[4] Stiedl, Männer in Ravensbrück