Carmella Flöck

Carmella FLÖCK
Geboren am 28. Oktober 1898
Verfolgungsgrund: politischer Widerstand
Biografische Daten


Carmella Flöck mit dem Landesehrenzeichen 1958 (Quelle: Privatarchiv Rita Seistock)


Häftlingswinkel und –nummer von Carmella Flöck (Quelle: Privatarchiv Rita Seistock)


Schutzhaftbefehl gegen Carmella Flöck (Quelle: Privatarchiv Friedrich Stepanek)

Aufwachsen als uneheliches Kind
Carmella Flöck wurde als uneheliches Kind der Näherin Juliane Flöck in Innsbruck geboren. Ein uneheliches Kind zu haben, bedeutete in der damaligen Zeit eine große Schande. Doch Juliane Flöck, eine selbstlose und mutige Frau, setzte ein Zeichen: Zusätzlich zum leiblichen Kind nahm sie mit Frieda ein weiteres außereheliches Mädchen als Ziehtochter bei sich auf.

Carmella besuchte in Innsbruck die Volksschule und Bürgerschule für Mädchen und schließlich die private Handelsschule des Ursulinenordens.

Berufstätigkeit
Während des Ersten Weltkrieges fand Carmella Arbeit in einer Bank. Doch schon zu Beginn der 1920er Jahre fiel sie einem Personalabbau zum Opfer – Frauen wurden oft als erstes gekündigt, da nach dem damaligen Rollenverständnis allein der Mann die Familie erhalten sollte. Frauen hatten somit weniger Anspruch auf Lohnarbeit und Männer wurden bevorzugt eingestellt. Diese Entlassung traf Carmella zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt, denn im Sommer 1923 nahm ihre Mutter erneut ein außereheliches Kleinkind auf. Carmella schlüpfte nun in eine Art Mutterrolle für ihre um 24 Jahre jüngere Ziehschwester Rita und versuchte, mit Gelegenheitsarbeiten zum Familieneinkommen beizutragen. Schließlich erhielt sie im Jahr 1925 eine Fixanstellung im Verbandssekretariat der katholischen Arbeitervereine Tirols. Dies war eine Art „Traumjob“ für Carmella, da sie sich aufgrund ihrer Weltanschauung und Herkunft mit dieser Arbeit voll und ganz identifizieren konnte.

Im Widerstand gegen den Nationalsozialismus
Als im März 1938 Österreich an das Deutsche Reich „angeschlossen“ wurde, verlor Carmella ihren Arbeitsplatz. Da sie sich weigerte, die Aufnahme in die NSDAP zu beantragen, um bessere Chancen am Arbeitsmarkt zu haben, konnte sie nicht sofort eine neue Arbeit finden. Ab Herbst 1939 traf sie sich öfters heimlich mit einem Bekannten, der ebenfalls Gegner der Nationalsozialisten war. Die beiden tauschten Nachrichten von ausländischen Radiosendungen aus und beschlossen, eine Widerstandsgruppe zu gründen. Carmella konnte dieser Gruppe ihre beiden Cousins zuführen, die wiederum in ihrem Heimatort Wattens eine eigene Widerstandsgruppe gründeten. Doch noch bevor konkrete Widerstandstaten gesetzt werden konnten, flog die Gruppe der beiden Cousins durch Verrat auf. Carmella wurde am Morgen des 10. Oktober 1942 von der Gestapo verhaftet. Sie kam in das landesgerichtliche Gefangenhaus in Innsbruck. Dort hatte sie die Kufsteiner Kommunistin Adele Stürzl als Zellengenossin, die sie in den Haftalltag sowie in Verhaltensstrategien bei Gestapo-Verhören einführte. Da die Gestapo Carmella keine konkreten Tätigkeiten nachweisen konnte, wurde kein Gerichtsverfahren wegen Hochverrats eingeleitet. Stattdessen kam sie in das Frauen-KZ Ravensbrück.

Im KZ Ravensbrück
Dort wurde sie am 20. Februar 1943 als Häftling mit der Nummer 17046 registriert. Carmella kam zuerst auf Block 8 unter, wo nur wenige politische Häftlinge waren. Doch zumindest lernte sie mit der Kommunistin Thusnelda Bucher eine Tirolerin kennen, die ihr zur Seite stand. Thusnelda Bucher vermittelte ihr eine Arbeit als Bürokraft in der Effektenkammer. So kam Carmella bald auf den sauberen und nicht überbelegten Block 3, weil die SS-Männer, in deren Nähe sie arbeiten musste, Angst vor ansteckenden Krankheiten hatten und deshalb die Häftlingsbürokräfte bevorzugt behandelten. Bald bekam Carmella eine Arbeit als Bürokraft im etwas außerhalb gelegenen Nachschubsammellager, in dem die SS Beutegut aus den besetzten Gebieten in Osteuropa aufbewahrte. Da die Arbeit in diesem Beutelager nicht lebensgefährlich war und Carmella nur mehr zum Schlafen ins eigentliche KZ gehen musste, erlebte sie die Grausamkeit des Lagers nicht mehr so stark. Dennoch hätte sie die Lagerhaft fast nicht überlebt, weil sie noch im April 1945 an Typhus erkrankte. Sie kam auf den Krankenblock und musste miterleben, wie täglich typhuskranke Frauen an der Unterversorgung starben. Doch Carmella hatte Glück: Sie erlebte die Befreiung durch die sowjetische Armee und wurde von russischen Militärärzten gesund gepflegt. Schließlich konnte sie im Juli 1945 gemeinsam mit anderen österreichischen Häftlingen die Reise nach Wien antreten. Nach kurzer Erholung in Wien kehrte Carmella gemeinsam mit Thusnelda Bucher am 12. August 1945 endlich nach Innsbruck heim.

Leben nach der Befreiung
Carmella begann bald als Bürokraft beim „Bund der Opfer nationalsozialistischer Unterdrückung“ zu arbeiten. Später arbeitete sie bis zu ihrer Pensionierung im Jahr 1961 als Sekretärin des Tiroler Landeshauptmannstellvertreters Hans Gamper. Neben ihrem Beruf engagierte sie sich in verschiedenen Organisationen. Sie war 1947 bei der Gründung der Österreichischen Lagergemeinschaft Ravensbrück in Wien anwesend und war von 1961 bis 1965 als Delegierte im erweiterten Ausschuss der Lagergemeinschaft tätig. Sie arbeitete ehrenamtlich im Österreichischen Arbeiter- und Angestelltenbund (ÖAAB) und trat der ÖVP-Kameradschaft der politisch Verfolgten sowie der Österreichischen Gemeinschaft, einer monarchistischen Vereinigung, bei. Carmella starb am 20. Dezember 1982 in Innsbruck.

©Friedrich Stepanek

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