Therese Zauser

Therese ZAUSER
Geboren am 4. Dezember 1910 in Feldkirch
Verfolgungsgrund: keine amtlichen Dokumente vorhanden, vermutlich Asozialität
Abb. 1: Therese Zauser



Abb. 2: vermutlich in Alexandria, 1935


Abb. 3: Studiofotografie


Abb. 4: Studiofotografie


Abb. 5: Studiofotografie

Kindheit und Familie
Therese wurde 1910 als jüngstes von drei Kindern in Feldkirch geboren. Vater Johann arbeitete als Gerichtskanzlei-Oberdirektor bei der Staatsanwaltschaft Feldkirch und als passionierter Angler amtierte er auch als Obmann des Fischerei-Revierausschusses. Mutter Theresia war nebenberuflich Zither-Lehrerin. Die aufgeweckte Therese besuchte das Institut St. Josef in Feldkirch:
„Die lieben Kreuzschwestern haben mit mir schon oft das größte Kreuz gehabt. In der ersten Klasse Volksschule war ich so ziemlich brav, nur einmal habe ich müssen auf den Boden sitzen, weil ich beim Fenster hinausgepfiffen hab.“ [1]
Der 1. Weltkrieg hatte die Familie gebeutelt. Zur Erholung sollte Therese für längere Zeit in Basel bei Pflegeeltern unterkommen. Das Heimweh aber machte sie krank und nach wenigen Wochen schon kehrte sie zurück nach Feldkirch.
Die zehn Jahre ältere Schwester Marianne besuchte als außerordentliche Hörerin Literaturvorlesungen an der Universität Innsbruck und arbeitete als Korrespondentin für verschiedene Zeitungen. 1922 heiratete sie Robert Weihs, einen hochgebildeten Verwaltungsjuristen. Ihr Bruder Karl, acht Jahre älter, absolvierte zunächst eine kaufmännische Lehre, wurde jedoch später ein international gefeierter Trapezkünstler unter anderem beim berühmten Dresdener Zirkus Sarrasani.

Jugend und Reisen als Tänzerin
Resi, wie sie in der Familie genannt wurde, wollte vielleicht ihrem Bruder nacheifern, als sie sich 1930 noch minderjährig zu einer Jongleusen- und Tanzausbildung entschloss. Ab 1932 begann sie mit ihren ersten Solo-Auftritten in verschiedenen Etablissements zunächst in Deutschland, der Tschechoslowakei und Österreich. Nach einem katastrophalen Engagement in Braunau im Sommer 1932 „Ich hoffe, dass Sie alles dafür tun werden um mich baldigst aus diesem Saunest zu befreien.“ [2] beschloss sie, Richtung Jugoslawien zu ziehen.
Damit begann für Therese eine vieljährige ‘Tanz-Tournee’ durch den Nahen Osten und Nordafrika. Sie legte sich den Künstlernamen Therese Judith Jansen oder Judit Jessie Zauser zu und bezeichnete sich als ‘Danseuse et chanteuse fantaisiste’.
Die wichtigsten Stationen waren Sophia (Bulgarien), Izmir (Türkei), Nikosia (Zypern); Port Said, Alexandria, Kairo, Suez (Ägypten); Damaskus (Syrien), Bagdad (Irak), Teheran (Iran), Malta, Oran, Algier (Algerien); Casablanca, Fez, Tanger (Marokko). (Abb. 2 – 5)
Therese reiste immer allein, ihre Engagements dauerten in der Regel nur einige Wochen und sie hatte ständig um ihre nächsten Auftritte besorgt zu sein. Die einschlägigen Etablissements trugen klangvolle Namen: Korso Tabarin, Casino Bella Vista, Le Florida, Au Pavillon Chinois, Dancing Perroquet Constantine, Cabaret Arcadia u.v.a.
Die nationalsozialistische Machtergreifung spürte sie auch in Nordafrika: Aus Tanger schrieb sie am 17. September 1938 ihrem Bruder Karl: „Seit ich Deutsch geworden bin, habe ich nichts mehr zu lachen.“ [3]

Rückkehr nach Europa

Abb. 6: Bewerbungsschreiben vom
9. Januar 1941 an die Film-Studios
Hal Roach in Kalifornien



Abb. 7: vermutlich das letzte existierende
Portrait, Herbst 1941



Abb. 8: Brief der Mutter Theresia Zauser an
ihre Tochter vom 4. September 1941



Abb. 9: Brief aus dem KZ Ravensbrück


Abb. 10: Sterbeurkunde, ausgestellt vom Standesamt Ravensbrück
Ab Januar 1939 trat Therese hauptsächlich in Lissabon auf. Ihre finanzielle Lage war schwierig, die Gagen klein, also versuchte sie, in Deutschland Arbeit zu finden, auch bei der Filmgesellschaft UFA in Berlin und Warner Brothers in London bewarb sie sich erfolglos um ein Engagement.
Am 8. Oktober 1940 sprach sie bei der Deutschen Gesandtschaft in Lissabon vor:
„Ich bin von der hiesigen Polizei verhaftet worden, weil ich in einer Bar einen Zusammenstoß gehabt habe. Die Polizei hat mich aus Portugal ausgewiesen. Ich besitze nicht die nötigen Mittel, um meine Reise nach Deutschland zahlen zu können.“ [4]
Die Gründe für die Ausweisung sind unbekannt. Jedenfalls erhielt sie Reisegeld und fuhr damit nach Hause zurück. Im Januar 1941 trat sie in Prag im Chapeau Rouge Tabarin auf. Der Traum, beim Film arbeiten zu können, ließ sie nicht los. Sie schrieb an die Hal Roach Studios in Kalifornien. (Abb. 6) Ohne Erfolg. Weitere Auftritte in Saarbrücken, Frankfurt und Wilhelmshaven folgten. Und sie spielte mit dem Gedanken, sich einen Löwen zu kaufen. Der Dompteur Fritz Müller-Wilson lud sie zur Lehre und Engagement nach Stuttgart ein, wo sie im September im Cabaret Maxim1941 auftreten sollte, aber die Korrespondenz brach plötzlich ab. (Abb. 7)

Verhaftung
Es ist bemerkenswert, dass bis zu diesem Zeitpunkt in keinem der zahlreich erhalten gebliebenen Briefe politische Äußerungen für oder gegen den Nationalsozialismus zu finden sind. Noch in Wilhelmshaven wurde Therese verhaftet:
„Mir selber geht es nicht gut, da ich seit 22.8.41 von der Geheimen Staatspolizei festgenommen bin. Es handelt sich nicht von hier, sondern von Saarbrücken. Ja so eine dumme Sache musste mir in den Weg kommen, lieber Karl. Ich hatte mal einen sinnlosen Schwips, und da soll ich die Äusserung gemacht haben: Man bringe mich nicht in eine Munitionsfabrik und die Briten würden den Krieg gewinnen. Da haben mich 4 Personen darauf angezeigt in Saarbrücken, … Nun bin ich hier und weiss nicht wie und wann sich meine traurige Lage ändern wird. … Manchmal ist hier auch Fliegeralarm und mir ist bange ums Herz.“ [5]
Unvermittelt äußerte sich die Mutter nun politisch:
„…Ganz überrascht hat uns heute Deine missliche Lage, die wir gar nicht begreifen können, da Du ganz für Deutschland eingestellt warst und bist, wir sind ja ganz Deutsch zudem meinerseits ganz baierische Abstammung herrscht…Heil Hitler! (Abb. 8)“
Therese wurde ins Polizeigefängnis Hamburg-Hütten überstellt, dort erfuhr sie vom Tod ihrer Mutter, die am 2. Oktober 1941 nach einer Magenoperation verstarb. Im Beileidsbrief an ihren Vater schrieb sie: „Bitte mir nicht nach hier zu schreiben, da sich meine Adresse wieder verändert.“ [6]
Am 25. Oktober 1941 brachte man Therese Zauser ins KZ Ravensbrück. Von dort schrieb sie am 3. Dezember 1941 an ihren Vater:
„…Hoffe und wünsche, Du bist gesund und wohlauf. … Meine Koffer, meine Handtasche aus Crocodil und eine kleine Handtasche, dann Schmuck und habe ich 246 Mark noch gehabt, das alles ist auf der Polizei in Wilhelmshafen geblieben. Die Geheime Staatspolizei hat meine Kofferschlüssel. Nun will ich Dich fragen, ob man vielleicht alle meine Sachen zuhause gesendet hat. Und Wertsachen? Wenn ja, dann gebe bitte gut acht auf meine Sachen. Skischuhe sind auch noch zuhause von mir …zensiert… Auch zu Deinem Geburtstag noch beste Herzenswünsche, für Weihnachten alles Gute und zum Neujahr. … Wenn möglich sende ein bisschen Geld. Herzinnigsten Gruss, Eure Therese“ (Abb. 9)
Am 11. Februar 1942 wird Therese Zauser im KZ Ravensbrück ermordet. (Abb. 10)

Das Schicksal der Familie
Vater Johann Zauser konnte den Tod seiner Tochter nicht verwinden. Er starb zwei Monate später entkräftet an einem Gehirnschlag.
Auch Thereses Schwager Robert Weihs kam in die Mühlen des austrofaschistischen Ständestaates und des Nationalsozialismus. Er war zunächst als Jurist in der Arbeiterkammer Innsbruck tätig. Nach deren faktischer Verstaatlichung durch Dollfuß wurde er 1934 entlassen, fand nie wieder Arbeit, wurde denunziert und verfolgt, bis ihm alle seine Sinne geraubt worden waren. Er starb 1943 in geistiger Umnachtung.
Marianne und Karl überlebten den Krieg mit vielen seelischen Wunden.
Karl, als Artist zu alt, trat gelegentlich noch als Zauberer bei Kinderfesten auf und trank sich bis 1967 zu Tode.
Marianne trat der Gralsgemeinschaft bei, verschrieb sich der Kabbalistik und blieb nach Karls Tod allein zurück mit ihrem einsamen, rückwärtsgewandten Leben. Sie starb am 31. August 1982 kinderlos.

© Stefan Weber

Abbildungen 1-6 und 8-9: Nachlass Familie Zauser, Stadtbibliothek Feldkirch
Abbildungen 7 und 10: Privatbesitz Sophia Bischof



[1] Handschriftliche Geschichten und Notizen von Therese Zauser in einem Schulheft. (Alle Zitate in diesem Text stammen aus dem Nachlass der Familie Zauser in der Stadtbibliothek Feldkirch.)
[2] Brief von Therese Zauser aus der Wein- und Tanzdiele Rohm in Braunau an ihren Künstleragenten M. Schneider in Wien. (Abschrift, undatiert).
[3] Postkarte von Therese Zauser an Karl, der zu dieser Zeit in Bochum lebt.
[4] Verhandlungsprotokoll der Konsularabteilung der Deutschen Gesandtschaft in Lissabon.
[5] Brief von Therese Zauser aus dem Gefängnis Wilhelmshaven an ihren Bruder Karl, datiert 28.9.1941.
[6] Brief von Therese Zauser aus dem Polizeigefängnis Hamburg-Hütten an ihren Vater. (Undatiert).